Die Alte Radaune ist ein Fluss der Danziger Höhe. In vielen Krümmungen von der Höhe herabkommend, treibt sie mit ihrer Wasserkraft auf ihrem Laufe viele Mühlen und Hämmerwerke und versieht, als Neue Radaune die Stadt Danzig durchfließend, diese mit Wasser. Sie tritt als starker Bach aus dem See bei Stendiß heraus, geht durch eine Wiese in den Radaunen-See, bildet mehrere Seen, tritt bei Zuckau in ein Thal, nimmt hier die untere Stolpe auf, welche aus den Klostersee von Karthaus kommt, und durchfließt in vielen Krümmungen das schöne Radaunenthal. Die Radaune ist zwar ein kleiner, aber „edler und seh nützlicher Fluß und ein sonderlich Kleinod der Stadt Danzig.“ Am Radauenenthale liegen Restempol, Sulmin, Fidlin, Lappin, Podfidlin, Kahlbude (Wasserfall), Popomken, Prangenau (Quellengebiet der Danziger Wasserleitung), Gr. Und Kl. Bölkau, Goschin, Prangschin, Straschin, Gischkau, Praust.
Die Neue Radaue. Von Praust ab, wo sich die Neue Radaune, ein Kanal, nach Danzig abzweigt, fließt die Alte Radauen bei St. Albrecht, Scharenhorst und Robel vorbei, und mündet bei Krampitz in der Nähe von Danzig in die Mottlau. – Beim Eisgange werden die Dämme der alten Radaune oft durchbrochen, wodurch nicht unerhebliche Überschwemmungen der umliegenden Ortschaften entstehen. Die Neue Radaune wurde 1348-54 als „Mühlengraben“ unter der Ordensschaft angelegt, um die Stadt mit klarem Radaunen-Trinkwasser zu versorgen. Dieser Kanal ist von Praust bis Danzig 11/2 Meile lang, und von der Chausseeseite durch einen hohen Damm gesichert. Bei Praust befindet sich eine Schleuse zur Regulierung des Wassers der Alten und Neuen Radaune. Die alte Zuleitung der Neuen Radaune zur Stadt hat sich im Laufe der Zeit geändert.
Durch die sogenannte „Kunst“ vor dem Hohen-Thor wird das Radauenwasser etwas emporgehoben, um eine Mahlmühle und früher auch eine Lohmühle zu treiben und dann in einem hölzernen hängenden Bette, die „Riedewand“, über dem Stadtgraben durch ein Gewölbe im Walle in die Stadt geführt werden. In verschiedenen Kanälen durchfließt die Neue Radaune die Altstadt, treibt die „Große Mühle“ und ergießt sich am „Brausenden Wasser“ und am „Alten Schlosse“ in die Mottlau. Bei den Belagerungen Danzigs ist der Damm der Neuen Radaune vom Feinde zu wiederholten Malen an verschiedenen Stellen durchstochen worden, um der Stadt das Wasser des Kanals abzuschneiden.
Reinigung der Neuen Radaune. Jährlich um Johanni in der sogenannten „Schützzeit“ wird das Bett der Neuen Radaune vom Sande gereinigt; der ausgefahrene Sand wird zum Theil zur Erhöhung des Radaunen-Dammes benutzt. Zu diesem Zwecke wird das Wasser der Neuen Radaune durch die Schleuse in Praust „abgelassen“, „geschützt“, und in die alte Radaune geleitet, deren Bett außer der Schützzeit fast ganz wasserlos ist. Zur Reinigung des Radaunenbettes und zur Unterhaltung und Sicherstellung der Eindeichung desselben von der Prauster Mühle bis zum Petershagener-Thor sind von altersher verschiedene umliegende Ortschaften verpflichtet.
Die Radaunenverordnung von 1652 bestimmt die Loose oder Antheile zur Reinigung und Dämmung für diese Ortschaften, deren Namen auf hölzernen Tafeln auf dem Radaunendamme verzeichnet stehen. Zur Reinigung sind verpflichtet die Ortschäften: Miggau mit 90°, Kemnade und Wonneberg 98°, Scharfenort 55 ½ °, Zigankenberg 66 2/3 °, Gischkau 83 ½°, Ohra 29°, Müggenthal 405°, Guteherberge 349°, Rostau 135°, Rowall 63°, Zipplau 128 ½°, Löbau 72 ½°, Praust 526° = 2362 2/3°, wozu noch 714 ½° auf Antheile der Stadt Danzig kommen. Verschiedene Versuche der betreffenden Ortschaften, sich von dieser lästigen Verpflichtung zur Reinigung dieses Kanals zu befreien, sind erfolglos geblieben. Erwähnenswert ist es, daß der Polenkönig Sigismund August i. J. 1567 der Stadt Danzig ein Privilegium gab, in welchem angeordnet wurde, daß Niemand den Lauf der Radaune ändern oder hemmen sollte. Bis dahin hatte Danzig dem Kloster Karthaus, in dessen Nähe die Radaune entspringt, einen jährlichen Tribut zahlen müssen, um sich die Gunst der Mönche in dieser Hinsicht zu erkauen.