Lieber Wolfgang, liebe Sigi, liebe Danziger Freunde,
da ich am Steinhuder Meer zum gleichen Termin zum Prauster Treffen erwartet werde, muß Travemünde für mich ausfallen. Ich bedauere dieses zwar sehr, aber da ich im Juni diesen Jahres in Praust, Danzig, Oliva und in Zopot war, ist meine Anwesenheit bei den Praustern erwünscht und notwendig. Dieser Termin ist schon vor einem Jahr in Steinhude festgelegt worden. Dort waren ja immerhin über 60 Prauster anwesend. Für Christa Unnasch hier ein Gruß und den Hinweis, die Legitimation für Übersetzungen von Texten aus dem Poralla'schen Buch liegt schriftlich vor und geht ihr per Luftpost zu. Leider ist der Zusammenhalt und die Absprache von Terminen nicht mehr im "Zentrum" der Danziger in Lübeck ein Thema. ----
Es sind ja alles noch die Letzten der Erinnerungsgeneration. Es wäre gut wenn Ihr einmal in das PRAUSTER WERK des Axel Katins hineinsehen würdet. Zu finden über Google mit der Eingabe AXEL KATINS. Dort findet Ihr auch wieder Erlebnis- berichte zu Praust von mir. Ich war ja 2,1/2 Wochen in Danzig. Bin sehr viel mit meien Begleitern unterwegs gewesen. 5 Tage mit 3 Mann von Praust kreuz und quer die alte Substanz suchen. Axels (37 J.alt) Großvater war Prauster, sein Vater ist 1945 nach der Flucht über das Meer, in Schleswig-Holstein geboren worden und wir haben alle Wohnstätten seiner Familie und auch mein Elternhaus und Großelternhaus Franz Völz besucht und per Digitalkamera erfaßt. Selbst habe ich natürlich wieder Bauzustands-Abnahmen gemacht und für meine Begriffe Bedenkliches gesehen. - Aber schon im Jahre 2006 habe ich vom Umgang mit den hinterlassenen Kulturgütern berichtet und gleich waren meine Äusserungen nicht erwünscht ..... Auch der Radaunekanal wurde wieder einer genauen Betrachtung unterzogen. Die Hauptursachen wasserwirtschaftlicher Fehlentscheidungen der Vergangenheit sind nicht beseitigt. Allein in Praust gibt es mehrere Zuflußrohre für RW-Einleitung in den Radaunekanal, deren Duchmesser > 50 cm ist. Das bis Danzig weitergehnd, führt zur Einleitung von Oberflächenentwässerungen aus dem heute stark bebauten Höhenzügen von Praust bis Danzig. Diese kann ein Kanal, wie ihn die Ordensritter vor 700 Jahren bauen ließen, nicht aufnehmen. So kam es 2001 zu den großen Überschwemmungen in Praust, dem Dammbruch in Ohra und der Wasserkatastrophe im Danziger Hbf. Leider habe ich bis heute nicht in Erfahrung bringen können, was in Danzig geplant wurde. Der Radaunekanal in der Stadt Danzig führte zwar im Juni kein Wasser, aber was für Maßnahmen im Gange sind ? Wer weis es ?
So habe ich in diesem Jahr noch genauer hingesehen. Mit Wolfgang habe ich schon einmal persönlich telefonisch gesprochen, aber ich finde keinen Einstieg zur Formulierung meiner persönlichen Eindrücke. Mit unserer lieben Altdanzigerin Regina Chwirot war ich auch auf dem Hof im Landauerbruch, dem elterlichen Hof meiner Mutter, Großvater Wilhelm Lau. Meine Mutter war das 13. Kind auf diesem Hof. Ihre evangelische Gemeinde war Wotzlaff. Dieser Niederungsgegend sind mir zwei Danziger verbunden, einmal Siegfried Grimkowski aus Ohra und Paul Neumann aus Praust. Beide haben ihre Familienwurzeln in dieser früher auch so lieblichen Heimaterde. Mit vielen Wiesen, fruchtbaren Äckern schwarzer Erde. Mit Bruchwegen bestanden mit Kopfweiden, die heute alle abgeholzt sind. Mit Storchennest auf dem Stalldach, herrlichem Obstgarten und 5 Pferden, wie sie bei Hans Joachim Claassen aus Müggenhahl, in seinen Erinnerungen beschrieben wurden. Sein Titel war "Das Land der Väter mit der Seele suchend". H.J. Classen lernte ich 1984 auf einem Prauster Treffen in Plön kennen, er konnte sich aus seinen Jugendjahren noch an die Familie Lau im Landauer Bruch erinnern. Heute gibt es da keinen Bruchweg mit Weidenbäumen mehr, das Haus steht noch, die Scheune dient nicht mehr der Getreideernte-Lagerung. Viel Kuhmist lag dort zwar noch zwei Stockwerk hoch und alles wäre mehr als reparatur- bedürftig. Das soll keine Abwertung der sicher schweren Landarbeit sein, aber der Mangel war unübersehbar. Es war keine Zeit in näheren Kontakt zu treten. Das es noch das alte Bohlwerkhaus, mindestens aus dem 19. Jhd war, konnte ich an einer beschädigten Stelle sofort erkennen. Aber vielleicht war ich auch wieder zu sehr geschockt um genaueres anzusehen. In meinen Unterlagen habe ich aus Nachlässen der Großfamilie Lau, Fotos die noch andere Verhältnisse aussagen. Und auch eine schon früher erwähnte Hochzeitszeitung aus dem Jahre 1929, Goldene meiner Großeltern Lau und Grüne meiner Eltern, bezeugen ein fröliches Fest einer Bauerfamile in der Danziger Niederung. Der Hof liegt auf einer Höhe von + 1,10 m über NN, sicher auf einer Warft im ehemals sumpfigen Land westlich der Mottlau, bis zur Linie Zipplau - Rostau - Müggenhahl. Bis dorthin reichen die Kiesbänke, die durch die alte Radaune bis vor über 1000 Jahren das Moorland gen Osten verschoben haben. Das Wasser stand 1945 in diesem Gebiet vor Rostau und zum Landauer Bruch konnte man nicht vordringen. Wir suchten Ende Mai 1945 nach Kartoffel- oder Wruken-Mieten. Ausser totem Vieh, schlecht mit Erde bedeckt, mit Schwärmen von Aasfliegen umlagert und furchtbar stinkend fanden, wir dort damals nichts zu essen. Am Ende waren wir mit Salat aus Gänseblümchen- blättern und Sauerampfer zu frieden. Heute ist diese Chaussee von Praust über Rostau nach Mönchengrebin noch auf gleicher Trasse vorhanden. Ja der Sommerweg ist nicht mehr vorhanden - wer weis noch was der für eine Bedeutung hatte? Die Straße ist als Asphaltstraße hergerichtet für den Autoverkehr, aber die Brücke über die Eisenbahnhauptstrecke in Praust, hat nur eine Tragkraft von 25 Tonnen. Östlich der Bahnstrecke gibt es heute viele gewerbliche Betriebe, die mit Nachschub verorgt werden müssen. Praust ist heute um das fünffache gewachsen und wie sollen die Container-Lkw's, deren Gewicht bis zu 60 Tonnen beträgt, dort hinfahren ? Also werden gewaltige Bau- Maßnahmen notwendig. - Aber ich habe die Augen offen gehabt und Hoch-Tief, der uns bekannte Konzern ist schon vor Ort, da fließen dann die Millionengewinne wieder nach Westen ab. Man kann heute schon erkennen welche Arbeiten nach westlichem Standard ausgeführt wurden, wo die westlichen Fimen, mit ihrer Ausrüstung dann billiger anbieten, eine höhere Qualität herstellen, als sagen wir 20 polnische Arbeiter, mit niedrigen Löhnen und Schubkarre. Wir Alten werden das Endergebnis kaum noch erleben und ob die polnischen Zwillinge da Einfluß behalten ist noch unsicher, denen fehlt sicher die Einstellung zu europäischer Sichweise. Die Nachrichten geben da genug Auskünfte. Auch wurde uns ja im Sommer berichtet, das Krantor in Danzig trägt sein Gewicht nicht mehr. Also es ist die Tragfähigkeit der Konstruktion in Frage gestellt. Das wurde hier in der Liste schon gleich erläutert, man mußte ja nach dem Krieg mit wenig Material etwas wieder errichten und so ist nun eine Erneuerung nötig. Da hat halt der Statiker gefehlt, der gerarde vom Holzbau alles nötige Wissen hat. 1947 bis in Ende 1959 habe ich auch im Osten gearbeitet und weis welche Not auch in den anderen zerbombten Städten mit Materialbeschaffung bestand. Aber jede Arbeit, die statisch Holzingenieurbau berechnet und begleitet werden muß, erfordert nicht nur Material, sondern auch die Erfahrung mit solch tragenden Bauteilen. Jeder der etwas von Holztragfähigkeiten versteht, muß beim Verbau der Hölzer, die Ableitung der statisch berechneten Kräfte in der räumlichen Lage beachten. Allein für den Laien gesagt: Holz hat je nach Materialart unterschiedliche Festigkeiten und ausserdem spielt noch die Krafteinleitung in den Baustoff Holz eine entscheidende Rolle. Alleine die Möglichkeit von Druck- kraftübertragungen in Faserlängsrichtung, sind mehr als vier mal größer als die zulässige Belastung quer zum Faserverlauf. Das setzt sich fort bis in alle Details der Holzverbindungen. - Die Baumeister der Vergangenheit hatten noch sehr große Kenntnis von der zeichnerischen Ermittlung des Kräfteverlaufes von Stabkonstruktionen. Auch gemauerte Gewölbekonstruktionen der Kirchenhallen wurden so berechnet. - Also wollen wir hoffen, daß die Sanierung unter solchen Beachtungen erledigt wird.